Friedhöfe: Orte für die Toten und die Lebenden -

eine kurze (erlebte) Geschichte.

„Wir besuchen den Wolfgang!“ Nach dem Sommerurlaub, auf dem Weg von der Ostsee zurück nach Hause, macht die Familie F. aus D. Halt in einem kleinen Ort, irgendwo zwischen Greifswald und Neubrandenburg. Die Mutter möchte ihre Jugendliebe besuchen. Viele Hoffnungen, wenig Erfüllung, manche Missverständnisse, ein anderer Partner, das hatte das “Lebenslänglich“ verhindert. Über gelegentliche Telefonate blieb –bruchstückhaft- ein Kontakt erhalten.

Mit dem Beginn der Krankheit trat Funkstille ein, dann die Todesanzeige.

Über ein Jahr ist das her.

Der Friedhof ist schnell erreicht, aber die Grabstelle… ? Und – finden wir seinen Namen?

Viele Wege, hohe Bäume. Da kommt eine ältere Dame, mit einer Gießkanne in der Hand. Sie kennt sich hier aus. „Ein Wolfgang F., ja, da steht ein kleiner Stein drauf. Die Grabstätte liegt in der Nähe der Wasserstelle, den Pflasterweg hoch, dann hinter der Blutbuche rechts rein, auf der linken Seite.“ Wie gut, dass es einen Namen gibt, der „sichtbar“ ist. Die jüngste Tochter läuft vor. „Hier ist es!“ Vor dem Grab – einen Moment Stille, dann werden Erinnerungen lebendig, schmerzhafte und vergnügliche. Eine kleine Harke findet sich hinter dem Stein. Das hohe alte Einmachglas mit den Sommerblumen wird eingegraben. Die Mutter freut sich über die gelben Rosen, die gepflanzt sind. „Seine Lieblingsblumen“, lächelt sie.

„Wenn wir mal wieder an die Ostsee fahren, dann wissen wir ja, wo wir das Grab finden.“

Auf der Bank vor dem Friedhof gibt es noch ein kleines Picknick – und dann geht es weiter.

Diese oder viele andere Geschichten können Friedhöfe erzählen (und sicher auch die Menschen, die dort unterwegs sind), heitere, bittere, schmerzhafte, komische und tieftraurige Geschichten oder Geschichten, in denen sich all dieses verbindet.

Abschied, Trauerarbeit, Begegnungen, Schmerz und Verlust, dankbare Erinnerungen, Geschichten vom Alltag, vom Ärger über die Wühlmäuse oder Kaninchen, von Nachbarn (in der Straße oder auf dem Friedhof) Fragen der Kinder, Anzünden von Lichtern, Segnungen der Gräber zu Allerseelen, Posaunenchöre am Ewigkeitssonntag und so vieles mehr sorgen für Leben hier. - Nur eines ist Voraussetzung: dass die Toten nicht in der Namenlosigkeit verschwinden. … Dann ist der Friedhof ein heilsamer Ort, für die Lebenden und die Toten.